Organisationen: Die Macht der 3 Ebenen
Mindestens drei Ebenen in der Team- und Organisationsentwicklung sollten betrachtet werden, für deren Bearbeitung man zu unterschiedlichen Methoden greifen kann. Lässt man eine oder mehrere aus, läuft man Gefahr, die Veränderung nicht bewusst zu gestalten, sondern sich eher zufällig entwickeln zu lassen – mit allen Risiken und Konsequenzen. Erst aus dem Zusammenspiel aller Ebenen ergibt sich eine gesteuerte und damit absehbare Entwicklung der Organisation.
Ebene 1: Die Organisation des Alltags
Hier dreht sich alles um den operativen Alltag:
- Wie wird Arbeit umgesetzt?
- Wie schaffen wir einen kontrollierten und kontinuierlichen Arbeitsfluss, der die Mitarbeitenden bestmöglich fordert, ohne sie zu überlasten?
- Anders formuliert: Wie schaffen definierte Organisationseinheiten kontinuierlich Mehrwert?
In der Welt der IT haben sich für diese Ebene vor allem zwei Ansätze durchgesetzt, die oft in Kombination verwendet werden: SCRUM und Kanban. Während Kanban den Fokus auf Selbstorganisation und die Transparenz von Arbeit legt, organisiert SCRUM Zuständigkeiten und den Rhythmus der Zusammenarbeit innerhalb eines Teams. Beide schaffen einen leicht nachvollziehbaren und verlässlichen Rahmen, um die alltägliche Arbeit zu organisieren.
Ebene 2: Die Organisation der Strukturen
Die zweite Ebene betrifft die Strukturen: Die Definition der Organisationseinheiten, die den Mehrwert generieren, ihre Zusammensetzung, ihr Zusammenspiel sowie unterstützende Einheiten wie technische Infrastruktur oder Personalwesen. Diese Ebene beinhaltet auch Hierarchien und Rollen, Entscheidungs- und Kommunikationswege.
In IT-Organisationen finden sich dafür vorrangig zwei unterschiedliche Ansätze:
- Skalierte agile Frameworks und
- Pattern-orientierte Methoden.
Die erste Methodengruppe versucht, die Vorteile einfacher agiler Methoden, meist SCRUM, teamübergreifend zu skalieren, um sie auf eine ganze Organisation zu übertragen. SAFe ist dafür das wohl verbreitetste Beispiel. Die zweite Art von Methoden liefert baukastenartige Elemente, sogenannte Pattern, mit denen ein Organisationsdesign zusammengefügt werden kann. Hier sind vor allem Team Topologies und unFIX als prominente Vertreter zu nennen.
Die Strukturen einer Organisation schaffen die Rahmenbedingungen für die alltägliche Arbeit, also der ersten Ebene. Deshalb sollten sie immer mitbetrachtet werden. Die Einführung einfacher agiler Regelwerke wie SCRUM scheitert nicht selten daran, dass die organisationalen Strukturen nicht darauf vorbereitet sind und sich der Methodik widersetzen. Diese Methoden setzen bspw. stark auf Selbstorganisation, also einer breit verteilten Verantwortlichkeit und damit der Entscheidungsbefähigung vieler. Die Steuerung von Entscheidungsbefugnis ist hingegen ein struktureller Aspekt, nicht der Alltagsorganisation.
Ebene 3: Die Organisation der Veränderung
Die dritte Ebene hebt sich von den konkreten Arbeitsprozessen und Strukturen ab und widmet sich dem übergeordneten Blick auf die Organisation als dynamisches, sich veränderndes System. Jede Veränderung in der Organisation ist ein Prozess und beeinflusst Strukturen und Alltag der Beteiligten.
Die vorangegangenen Ebenen können statisch gestaltet werden: Auf eine Bestandsaufnahme folgt die Erarbeitung eines Zielbildes, das oft aus Elementen eines methodischen Regelwerks besteht. Die dritte Ebene dagegen ist dynamisch. Sie beschäftigt sich mit dem Weg zum Ziel: wie diese Veränderung aussieht und welche Hürden auf dem Weg ausgeräumt werden können, um dieses Ziel bestmöglich zu erreichen.
Auf dieser Ebene sind Baukasten-Systeme, wie die bisher genannten, wirkungslos. Hier braucht es übergeordnete und vor allem Mensch-zentrierte Ansätze, wie Soft Systems Methodology oder Gestalt-orientierte Organisationsentwicklung, Trainings und entsprechendes Coaching.
Die Macht der 3 Ebenen in der Organisationsentwicklung
Nicht immer bedeutet Organisationsentwicklung große Anstrengungen auf allen drei Ebenen. Dennoch hängen sie untrennbar miteinander zusammen:
- Eine Anpassung der Alltagsorganisation setzt entsprechende strukturelle Rahmenbedingungen voraus.
- Eine Änderung der organisationalen Struktur verändert den Arbeitsalltag der Beteiligten.
- Jede Veränderung ist ein Prozess, der ungesteuert verläuft, solange er nicht bewusst gestaltet wird.
Aus diesem Grund sollten immer mindestens diese drei Ebenen betrachtet und bewusst gestaltet werden, wenn sich Organisationen entwickeln. Wenn du alle drei Ebenen im Blick behältst, werden dir auch frühzeitig unerwünschte Wechselwirkungen auffallen und du kannst rechtzeitig gegensteuern.
Diese Macht der 3 gibt auch einen Hinweis darauf, warum kein einzelnes Schema, keine Baukasten-Methode dazu geeignet ist, Teams und Organisationen auf ihrem Weg in die Zukunft allein zu begleiten. Die Wirklichkeit in Organisationen ist zu komplex, als dass sie über ein Design vom Reißbrett effektiv gestaltet werden kann. Aber sie sollte gestaltet werden, ob mit oder ohne beratende Unterstützung. Sonst ist sie mehr oder minder einer zufälligen Entwicklung ausgesetzt.